Sprachinstitut Berlin

Karneval der Kulturen
18 Mai 2018

Karneval der Kulturen – eine Hassliebe für viele Berliner

Berlin und Party, das gehört zusammen. Berlin und Multikulti? Das betrachten viele Hauptstädtler mit gemischten Gefühlen. Immerhin steht die Hauptstadt für vier Partytage unter internationalen Kulturthemen und manchmal straßenweise still. Doch so ganz können sich selbst die härtesten Kritiker dem mitreißenden Charme des Karnevals der Kulturen nicht entziehen.

Entwicklung des Karnevals der Kulturen in Berlin

Karneval kann jeder, immer bis zum Faschingsdienstag. In der Hauptstadt wurde dieser besondere Karneval 1996 zunächst an Himmelfahrt gefeiert. Anfangs zogen für zwei Tage Kulturgruppen durch die Straßen, fanden Musik-Events und Theaterveranstaltungen statt. Der Gedanke dahinter ist seit Beginn pure Lebensfreude. Ein Ja zur kulturellen Vielfalt und ein Ja zur Lebensfreiheit verbindet die Veranstalter und Besucher aus aller Welt. Inzwischen choreographieren und musizieren internationale Kulturgruppen für vier Tage durch die Straßen von Neukölln und Kreuzberg.

Und jetzt? Die Folgen des Festes für die Hauptstadt

Ganz so frei wie 1996 ist das Fest allerdings nicht mehr. Eineinhalb Million Besucher und im Jahr 2018 67 Umzugsgruppen verlangen nach neuen Sicherheitskonzepten. Manch lieb gewordene Bühne steht nicht mehr am Platz, der Einlass wird begrenzt. Mancher Hauptstädter knirscht mit den Zähnen: Es finden verstärkte Sicherheitskontrollen statt, Straßen bleiben stundenlang gesperrt. Der Bahnverkehr ist unzuverlässig, und insgesamt gleichen nicht nur die Stadtbezirke Neukölln und Kreuzberg mit so vielen Schaulustigen und Teilnehmern einem kunterbunten Ameisenhaufen. Lauter als an früheren Pfingstwochenenden wird es ohnehin von Freitag bis Montag.

Bei aller Kritik: Wirtschaftliche Chancen des Spektakels

Die Sicherheitsausgaben (830.000 Euro) für diesen inzwischen mehrfach ausgezeichneten Karneval dürften auch in diesem Jahr wieder gut hereingespült werden. In nur vier Tagen bringen die Teilnehmer mehr als vier Millionen Euro in die öffentlichen Kassen. Veranstalter reißen sich um eine Genehmigung. Gastronomie, Hotellerie und Tourismusgewerbe verdienen in kürzester Zeit mehr als sonst in Wochen und Monaten. Solche Zahlen rufen natürlich den Kommerz auf den Plan. Sponsoren nutzen die Medienwirksamkeit der Umzüge für ihre Marketingkampagnen. Den Gästen ist das beinahe schon zu viel an Kitsch und Marktschreierei. Und schließlich bleibt nach dem Fest das altbekannte Problem für die Hauptstadt: Es türmt sich Müll am Straßenrand, und die Grünanlagen werden von Uringestank geplagt.

Wie geht es weiter mit dem Fest?

Bei aller Skepsis sehen viele Berliner ihren Pfingst-Karneval als inzwischen unverzichtbar an. Seine Grundidee ist die einer multikulturellen Gemeinschaft ohne Ausgrenzung oder Diskriminierung. Damit sind die Umzüge gleichzeitig politisch. Denn sie setzen auch gegen Rassismus und Unterdrückung deutliche Zeichen. Ob der Karneval der Kulturen eines Tages zum alten Berliner Kulturgut gehört, steht noch in den Sternen. Aber dass er der Loveparade bei deutlich besserer Sicherheit der Teilnehmer ähnelt, steht bereits jetzt außer Zweifel. Allerdings fehlen 2018 Jurys, Wettbewerbe und Preise. Für viele Teilnehmer der letzten Jahre war das Grund genug, jetzt nicht mehr teilzunehmen.

Fazit:
Der Karneval der Kulturen fing einst als Himmelfahrtsspektakel an. Inzwischen ist daraus eine viertägige Party rund um Neukölln und Kreuzberg geworden. Die Folgen für die Hauptstadt stehen bei vielen Anwohnern und Beobachtern in der Kritik. Dem Reiz der gezeigten Lebensfreude und der – auch politischen – Gemeinschaft können sich dennoch nur wenige entziehen.

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